Erfrischende Farben und eine unkonventionelle
Fassade stechen sofort ins Auge, wenn sich dem Besucher der Blick
von der Blasewitzer Straße auf das Gelände des Universitätsklinikums
in Dresden Johannstadt öffnet. Wie ein Band bunter Phantasie schmiegt
sich das Obergeschoss des Erweiterungsbaus der Kinderkrebsstation
in die Wahrnehmung. Es hebt sich deutlich ab von den umliegenden denkmalgeschützten
Bauten des Bestandes.

Auch das war eine der Forderungen der Deutschen Krebshilfe, die hier
im Universitätsklinikum Dresden als Bauherr auftrat. Schon 1996 wurde
mit deren finanzieller Unterstützung der erste Teil des Mildred-Scheel-Hauses
errichtet. Das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus und die TU Dresden
können seither am Ausbau der Therapiemaßnahmen und der intensiven
Forschung auf dem Gebiet der Knochenmarktransplantation festhalten.
Später sollte ein eigenständiges Gebäude zur Behandlung krebskranker
Kinder und Jugendlicher hinzukommen.

Zu Beginn des Jahres 2000 lobte man zu diesem Zweck einen Architekturwettbewerb
aus. Zu den eingeladenen Architekten gehörte das Büro Behnisch & Partner
aus Stuttgart, die durch die Realisierung zahlreicher Kindergärten,
Tagesstätten und Schulen bekannt wurden. In Dresden sorgten sie bereits
mit dem Bau des St. Benno Gymnasiums für frischen Wind. Abermals stach
ihr Entwurf aus der Reihe der Mitbewerber heraus. Im Sommer letzten
Jahres war die Grundsteinlegung. Und schon im Oktober 2002 konnte
die Klinik an das Universitätskrankenhaus übergeben werden. Es ist
im Übrigen der erste Klinikbau des erfolgreichen Architektenteams
um seinen Gründer Günter Behnisch.

Neben einer Bettenstation waren vielfältige Räumlichkeiten für die
Ambulanz, eine Tagesklinik und ein Laborbereich anzugliedern. „Ein
Haus für Kinder – so fanden wir – wäre am schönsten eingeschossig
und ebenerdig mit vielfältigen Innen- und Außenbereichen mit fließenden
Übergängen zwischen beiden, mit heller und warmer Atmosphäre“, beschreibt
Prof. Sabatke die Intentionen der Architekten. Der Bauherr aber wollte
ein dreigeschossiges Gebäude errichten. Die Anbindung eines stationären
Bereiches an den Vorgängerbau im Obergeschoss zu realisieren, war
zudem eine funktionale Forderung. Mit viel Fingerspitzengefühl blieb
man sich der Grundidee treu.

Heute führt ein schmaler Schotterweg in sanfter Beschwingtheit auf
den Baukörper zu. Neben dem Eingang empfängt noch im Außenbereich
eine flache Wasserfläche den Ankommenden und zieht ihn in das Innere.
Hier reihen sich die Funktionseinheiten aneinander. Zur Linken der
technisch perfekte Laborbereich, dessen Zutritt durch Reinigungsschleusen
bestimmt wird. Verwaltungs-, Aufenthalts- und Schulungsräume folgen
in rechtwinkliger Genauigkeit um eine zentrale Halle. Über ihr eine
kreisrunde Öffnung, durch die großflächig Licht in das untere Geschoss
strömt. Eine einläufige Treppe leitet mit großzügiger Geste nach oben.
Die Strenge, die das Betonstützenraster der Raumbildung vorgibt, reißt
auf. Mehr Licht und Sonne umspült die einzelnen Abteilungen der nächsten
Etage, die Tagesklinik, Ambulanz und weitere Arztzimmer aufnimmt.
Sie wirken wie kleine Häuser unter dem vereinenden Dach eines Größeren.
Zwischen ihnen geben großflächige Glassegmente immer wieder den Blick
nach draußen frei.

Das Spiel mit Farben und Materialien wird im Inneren fortgesetzt.
Der geschliffenen Kühle des Chroms der technischen Geräte im Klinikbetrieb
entgegnen die warmen Farben an Wänden und Säulen mit liebevollem Charme.
Das Stapeln der Geschosse wird mit Raffinesse vollzogen. Jedes Geschoss
ist anders. Während die beiden unteren sich von außen mit weißen und
grauen Faserzementbeplankung sensibel zurücknehmen, wird der Auftritt
für das dritte Geschoss vorbereitet. In amöbengleicher Gestalt legt
sich ein allumspannendes und schutzbietendes Band um den Baukörper.
Es sticht hervor durch seine Farbigkeit. Knallige Fantasiegebilde
in Rot, Blau und Gelb dominieren die Putzfassade. Im Inneren eine
Überraschung ganz besonderer Art! Der Treppenlauf weitet sich. Man
findet sich im zweiten Obergeschoss auf einem offenen Hof wieder.
Pflanztöpfe mit Bambusstauden säumen die Fläche, die von den Zimmern
der Bettenstation umgrenzt werden. Die Idee des schönen Gartens wird
aufgegriffen – eines geschützten Ortes, den Licht und Grünes durchströmt.
Die jungen Patienten dieser Station verbringen oft eine lange Behandlungszeit
auf dieser Etage. Ihnen wird das Gebäude zum Lebensraum. Sie sollen
einen Ort finden, den sie sich spielerisch erobern können und benutzen
sollen, wenn es ihre Gesundheit erlaubt. Die zum Innenhof gerichteten
Eingangstüren der Patientenzimmer sind deshalb großflächig verglast.
Die Scheiben wurden zweischalig eingesetzt. Dazwischen befinden sich
Jalousien, die ungewollte Durchblicke verhindern können.

Das Mobiliar in hellem Birkenfurnier, das glatte Linoleum und die
frischen Farbakzente vermitteln eine wohnliche Sauberkeit. In den
Zimmern konnten sogar Fenstervorhänge angebracht werden. Das warf
im Vorfeld zahlreiche Diskussionen auf. Aus hygienischen Gründen ist
das nicht erwünscht. Die Entscheidung dafür fiel, weil solche Elemente
aus dem Wohnumfeld stammen. So wird eine alltägliche Situation erzeugt,
die hilft, die neuen Lebensumstände besser anzunehmen.

Ob ein Haus etwas zur Heilung der jungen Patienten beitragen kann?
Bei der Eröffnung im Oktober 2002 behauptete jemand: „Von den Farben
werden die Kinder auch nicht schneller gesund.“ Dass Ärzte und Pflegepersonal
den entscheidenden Anteil daran haben, steht außer Frage. Von der
Kraft aller Planer dieses Hauses erzählt indes das gelungene Ergebnis.
Und man spürt, dass diese Energie bei Medizinern und Patienten ankommt.
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